~Kleinefragen~
Interview von 2009
Pegah Ferydoni: “Seit ich denken kann, muss ich gegen Vorurteile ankämpfen.”
In “Türkisch für Anfänger” spielt sie eine Türkin aus Überzeugung. Im Tatort am Sonntag spielte sie eine Türkin, die sich in einen Österreicher verliebt hat, obwohl ihr Vater sie in der Türkei zwangsverheiraten will.
Eigentlich ist Pegah Ferydoni Iranerin, singt und wird in diesem Jahr noch in zwei Filmen zu sehen sein.
Genug Stoff für ein paar kleinefragen.
(Frage 4 fand ich später so doof, dass ich Frage 4.1 noch nachschob, aber da Frau F. mich so schön abwatschte für die doofe vierte Frage, lass ich das mal so stehen )
1. Du wurdest in Teheran geboren, bist dann mit zwei Jahren nach Deutschland gekommen. In deinem Song “Berlin” (zu hören auf MySpace) singst du “Berlin ick liebe dir” – welche Beziehung hast du noch zum Iran?
Der Iran ist das Sehnsuchtsland meiner Eltern, es wäre ein Schock für sie zu sehen, wie sich das Land in den letzten 25 Jahren verändert hat. Der größte Teil meiner Familie lebt dort. Doch ich habe keinen Kontakt zu ihnen. Ich kenne das Land nur aus Erzählungen und aktueller Tagespresse. Daher ist Berlin so wichtig für mich. Hier bin ich aufgewachsen. Hier ist meine Heimat.
2. Du spielst in “Türkisch für Anfänger” eine Türkin. Wie unterscheidet sich eine türkische Familie von einer iranischen?
Gegenfrage: Was unterscheidet eine türkische Familie von einer deutschen? Lieben die ihre Kinder weniger? Da muss man aufpassen. Genauso wenig wie es die “die Deutschen” gibt, gibt es “die Türken”, “die Iraner” usw.
3. Wie sehr beeinflusst dein Glaube heute noch dein tägliches Leben?
Ich bin nicht “gläubig” erzogen worden, was immer das heisst. Meine Eltern stammen aus einem islamischen Kulturkreis, waren in ihrer Jugend Kommunisten, zeit ihres Lebens Atheisten und sind stolz auf die Errungenschaften der “Persischen Kultur” und die alt-iranische Religion der Zoroastren.
Die schönste Zeit meiner Kindheit habe ich im Evangelischen Kirchenchor verbracht. Ich bin Berlinerin.
4. Im aktuellen Tatort spielst du eine Tochter, die mit einem Deutschen zusammen ist aber in die Türkei Zwangsverheiratet werden soll. Was hast du für ein subjektives Gefühl, wie die Integration in Deutschland funktioniert?
Ich weiss nicht, was der Begriff “Intergration” vermitteln soll. Ich kenne nur “Dialog”.
4.1 Wie sehr nervt es dich, dass die Leute sofort den Glauben sehen, wenn jemand aus dem islamischen Kulturkreis nach Deutschland kommt und einen förmlich vorverurteilen – auch wenn man diesem Glauben genauso fern ist? Oder hast du das Gefühl, das ist gar nicht so?
Seit ich denken kann, muss ich gegen Vorurteile ankämpfen. Ich begegne ihnen seit 9/11 24/7 (;-). Manchmal treibt es mich zur Verzweiflung, manchmal möchte ich auswandern. Gerade als Schauspieler ist man Projektionsfläche. Auch wenn es etwas zynisch ist, aber ich versuche es als Kompliment zu nehmen, dass die Leute mich mit meinen Figuren verwechseln und Angst vor deren Gedanken haben.
5. Kann ein Charakter, wie Lady Bitch Ray irgendwie dabei helfen, dass sich die islamische und die christliche Kultur in Deutschland besser verstehen? Oder schämst du dich eher für diese Figur?
Um sich für jemanden zu schämen, müsste man sich mit ihm indentifizieren können. Das tu ich nicht. Jemand wie Lady Bitch Ray ist ein Medienphänomen und steht nicht für die islamische Kultur. Ich fände sie auch provokant, wenn sie “Deutsche” wär.
6. Wo können wir dich in diesem Jahr noch sehen?
Zwei Kinofilme: “Summer 1953” von Shirin Neshat und “Ayla” von Su Turhan.
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