~RBB-Online~
Wir kennen sie in der Rolle der Türkin. Doch eigentlich hat Pegah Ferydoni iranische Wurzeln. Jetzt ist sie in einem iranischen Kinofilm zu sehen und zeigt vor allem eines: Sie passt in kein Klischee.
Viele glauben zu wissen, wer sie ist – lange bevor sie überhaupt ihre Geschichte gehört haben. So eine typische Berliner Göre eben, die frech ist, die keine Hemmungen hat. Eine, deren Familie aus der Türkei kommt, die in Neukölln aufgewachsen ist.Und so wird sie auch besetzt. Seit Jahren spielt Pegah Ferydoni vor allem eins: junge Frauen mit türkischem Hintergrund, mal mit, mal ohne Kopftuch.
Doch das sind nur Klischees, mit denen sie sich herumschlagen muss. Denn erstens kommen ihre Eltern nicht aus der Türkei, sondern aus dem Iran.
Zweitens ist sie in Berlin-Reinickendorf aufgewachsen und
Drittens ist sie eigentlich ziemlich schüchtern.
Pegah
"Ich bin Doppelkrebs. Ich bin zutiefst verschüchtert. Ich habe auf der anderen Seite einen fast pathologischen Drang zum Entertainment und eine sehr extrovertierte Ader, die täuscht einfach über meine Verunsicherung hinweg."
Um aus sich heraus zu gehen, braucht sie immer den Auftritt, eine Kamera oder die Bühne – wie hier im Heimathafen Neukölln.
Gerade probt sie für "Sisters". Ein Stück über eine Berliner Mädchenfreundschaft. Endlich einmal etwas anderes. Denn diesmal spielt sie nicht Ayla oder Fatima.
Pegah
"In 'Sisters' spiele ich Claudia aus Charlottenburg, und es steht überhaupt nicht zur Frage, warum die so aussieht, wie sie aussieht. Das genieße ich sehr. "
Bekannt wurde Pegah Ferydoni mit der ARD-Serie "Türkisch für Anfänger". Sie spielt Yağmur, die mit Kopftuch und Gebetsteppich gegen ihre liberale Familie rebelliert.
Pegah Ferydoni ist in einer iranischen Musikerfamilie aufgewachsen. Ihre Eltern, Mitglieder der sozialistischen Studentenbewegung, flohen Anfang der 80er von Teheran nach Berlin.
Jetzt spielt sie in dem Film "Women without men". Darin erzählt die Iranerin Shirin Neshat das Schicksal vierer Frauen vor dem Hintergrund des politischen Umsturzes im Iran 1953. Für Pegah Ferydoni sind die Dreharbeiten eine Herausforderung – nicht nur weil es ihr erster großer Kinofilm ist.
Pegah
"Natürlich waren meine Versagensängste ganz groß dabei. Weil ich durch die Geschichte meiner Familie, meiner iranischen Familie auch politisch, eine sehr, sehr große Verantwortung hatte, da authentisch zu sein und das alles zu verstehen. Und ich musste."
Pegah Ferydoni war zwei als sie nach Berlin kam und ist seither nie wieder in den Iran gefahren. Mit diesem neuen Film hat sie auch ihre eigene Geschichte wiederentdeckt. Etwas, was sie lange von sich geschoben hat. Als Teenager wollte sie mit der Vergangenheit ihrer Eltern nichts zu tun haben.
Pegah
"Ich habe mich zum Beispiel ganz lange geweigert Persisch zu sprechen, weil ich ja Deutsche bin. Ich habe mich ganz lange gegen diese Kultur gewehrt, die meine Mutter so hochgehalten hat, 30 Jahre nachdem sie geflohen ist. Und meine Eltern haben eine Kultur hochgehalten, die es so nicht mehr gibt und in dieser Exilnostalgie wollte ich nicht leben."
Ihr Zuhause ist Berlin, sagt Pegah Ferydoni. Die Stadt ist ihr gerade bunt genug. Von Reinickendorf ist sie mittlerweile tatsächlich nach Neukölln gezogen. Hier kann sie einfach sie selbst sein ohne ständig erklären und entscheiden zu müssen. Deutsche? Oder Iranerin?
Pegah
"Ich fühle eigentlich immer beides oder auch noch ganz viele andere Sachen. Das ist, glaube ich, auch ein Grund, warum ich Schauspielerin geworden bin.In diesem Beruf hat man einfach die Möglichkeit, das alles zu sein, ohne Wenn und Aber. Es gibt keine Schubladen, Es gibt kein 'So würde ich das machen', 'So würde man das machen'. Du kannst alles ausprobieren, es gibt keine Grenzen. Das finde ich toll."
Und noch etwas begeistert Pegah Ferydoni mindestens so sehr wie das Schauspielen. Und das ist die Musik.
Meistens improvisiert sie mit ihrer Band. Dann fühlt sie sich absolut frei – und gleichzeitig geborgen, zuhause.
Autorin: Vanessa Loewel